Die besten Segler…

Heute hatte ich die Begegnung des Jahrhunderts. Unsere Rabaukin ärgerte sich auf dem Kitaheimweg um 12:55Uhr sehr darüber, dass sie nicht sofort die erspähten Reiswaffeln essen durfte. Ich hatte erlaubt selbige sofort aufzumachen, wenn die beiden Kleinsten schlafen. Ich muss dazu sagen, dass meine Stimme seit gestern virusbedingt quasi weg ist, viel Reden oder Erklären ist demnach schwierig. Nun hielt meine extrem heisere Erklärung die Rabaukin leider nicht davon ab lauthals kreischend neben oder vor dem Kinderwagen zu laufen, in welchem zumindest unser Wirbelwind gerne eingeschlafen wäre und Madammi die nächste unleidliche Kandidatin hätte sein können. Unser Buddha trottete nebenher, versuchte Madammi bei Laune zu halten und ich versuchte das Doppelwagenschlachtschiff samt zwei nebenherlaufenden Kindern möglichst schnell nach Hause zu befördern.

Da hatte ich die Rechnung aber ohne die besorgte Mitbürgerin gemacht, die wirklich großes Mitleid mit unserer trotzenden Dritten hatte. Sie selbst outete sich als eine von vier Geschwistern, die laut ihrer Erzählung nach früher immer vernachlässigt worden war und projizierte ihr eigenes Trauma nun auf unsere Situation. Ich verschwieg, dass ich erstens selbst aus einer Großfamilie abstamme und ich zusätzlich durchaus noch ein fünftes Kind habe, das gleich (innerhalb der nächsten 15min) mit knurrendem Magen vor unserer Haustür stehen würde (Nudeln mussten noch gekocht werden), wo ich auch wirklich möglichst gern und schnell hin wollte.

Aber nein, die Dame sagte sehr vorwurfsvoll das sei alles ganz schlimm und gar nicht auszuhalten. Der Buddha fragte wieso sie das sagte und wieviele Kinder sie denn selbst hätte. Sie habe aus oben beschriebenem Grund nur ein Kind, welches sie nun aus der Schule holen wolle. Wohlgemerkt also ein Schulkind, von wegen Trotzphase und nicht auszuhaltende Zustände… nun ja, ich verstand sie ja schon irgendwie – ich bin absolut für Intervention, wenn Kinder geschlagen oder gequält oder sonstwie schlecht behandelt werden und ich habe mich im Extremfall auch schon mal eingemischt – aber in diesem Fall wollte ich nicht das Kreischen mit Reiswaffel belohnen, welche dann auch den Bruder wieder wacher gemacht hätte. Ich verfolgte doch ein Ziel – schlafendes Kind, zu fütterndes Baby und mein Schulkind abfangen… mit einem Kind nun mal einfacher auf jegliche Bedürfnisse einzugehen – und trotzdem habe ich auch schon kreischende Einzelkinder erlebt.

Diese Dame sprach davon Kinder trösten zu müssen. Ich hatte gerade unserer Rabaukin heiser gesagt, ob sie die Frau gehört hätte, dass das nicht auszuhalten sei und krächzte ich würde es auch nicht mehr aushalten, immer in der Hoffnung, dass nicht gleich auch noch Madammi kreischen würde. Die besorgte Mitbürgerin stand nun vor dem Wagen und beteuerte wie wichtig trösten sei. Ich sagte sie könne gern probieren mein Kind zu trösten. Ich sei gescheitert… das irritierte sie so sehr, dass sie unserer kreischenden Rabaukin ihr grosses Mitleid aussprach und endlich ging. Mir blieb der schale Beigeschmack versagt zu haben. Aber worin? Hatte ich nicht heute alles gegeben alle glücklich zu machen – heute morgen beim Grossfamilien-Einkauf mit Baby in der Doppelkarre allen alle Einkaufs-Wünsche zu erfüllen während ich Madammi rumschleppte und viel zu viele Einkäufe in den längst überfüllten Kinderwagen häufte, später beim Schlaf der Kleinsten massenhaft Brei & Obst auf Vorrat eingekocht, Obst für später geschnitten und die Sauce für unseren Wissbegierigen und mich zum Mittagessen vorbereitet. Nebenbei schrubbte ich den schmutzigen Teppich und den befleckten Sessel, packte die Fussballtasche, sammelte die Sachen für den Augenarzttermin zusammen, räumte die Spülmaschine aus und ein, versorgte unseren Freund und Handwerker mit Kaffee, Wasser, Obst und wärmte Brei und Milch für die beiden Kleinsten, um dann Hals über Kopf zur Kita aufzubrechen. Holte ich nicht eigentlich täglich die Kinder extra direkt nach dem Mittagessen aus der Kita, hatten wir uns nicht extra für eine nichtgebundene Schulform entschieden, um Zeit mit unseren Kindern zu haben, ihnen Freiheit und Zeit zum Spielen unabhängig von anderen Vorgaben zu lassen. Und nun diese Frau. Ich bin kränklich und hatte heute (ab 5:45Uhr) bisher 5min Pause, also Zeit, die ich mich hingesetzt hätte… Ihr Bild der ihre Kinder vernachlässigenden Grossfamilien-Mutter konnte ich nicht gerade rücken, dafür hatte ich auch weder Muße noch Kraft, aber warum musste sie mir so ein schlechtes Gefühl geben? Sie kennt mich doch gar nicht.

Ich habe die Rabaukin nach warmem Kakao gefragt, ob sie sich an meiner Stelle direkt eine Reiswaffel gegeben hätte. Sie sagte nein.